Als Bio-Bauer brauche ich keine Blühstreifen, denn meine Felder sind Blühflächen!
Blühstreifen werden angelegt, weil die intensiv bewirtschafteten Ackerflächen frei von Unkraut gehalten werden. Auf diesen Felder wächst dann eine sogenannte Monokultur.
In früheren Zeiten, bevor Herbizide und Insektizide in der Landwirtschaft eingesetzt wurden, fand man noch viele Wildkräuter auf den bewirtschafteten Feldern. Mit dem aufkommen der moderen Landwirtschaft sind diese dann fast gänzlich verschwunden, nur wenige, die man als Problemunkräuter bezeichnet sind geblieben. Getreidefelder in denen schöner roter Klatschmohn und die blaue Kornblume zu finden waren, sah man nur noch selten. Erst mit der biologischen Landwirtschaft, in der das Unkraut nur mechanisch (mit dem Striegel zum Beispiel) bekämpft wird, sind solche Getreidefelder wieder zu finden. Die heutigen konventionell bewirtschafteten Ackerflächen sind Monokulturen und gleichen einer „Nektarwüste“, in denen Insekten keine Nahrung mehr finden. Diese fehlenden Insekten sorgen u.a. dafür, das Schädlinge zunehmen und sich ausbreiten können. Der konventionelle Landwirt setzt dabei Insektizide ein um die Schädlinge zu bekämpfen. Vögel und andere Tiere, die auf Insekten angewiesen sind finden in diesen Monokulturen immer weniger Nahrung.
Da heutzutage auch nur wenige Arten (Getreide, Mais, Raps, Kartoffeln, Zuckerrüben) angebaut werden, ist unsere Agrarlandschaft arm an Blühpflanzen für die Insektenwelt. Nur wenige unserer Kulturpflanzen, wie zum Beispiel Raps, Buchweizen und Senf sind für Bestäuber interessant. Die Blüte unserer Kulturpflanzen, die meisten davon Gräser (Getreide), findet nur in einem sehr kurzen Zeitraum statt. In der übrigen Zeit, besonders im zeitigen Frühjahr und im Spätsommer / Herbst, gibt es bei unseren gängigen Kulturpflanzen hingegen kein Blütenangebot mehr. Sind diese Felder verblüht, sieht es für die Bestäuber schlecht aus, denn Gräser (Getreide) sind für sie wertlos.
Um das etwas auzugleichen, werden heute Blühstreifen angelegt, das geschieht in der Regel erst im Mai. Diese sehen zwar schön aus und locken auch Insekten an, jedoch sind die Blühstreifen auch umstritten. Sie bieten nur einen begrenzten Zeitraum Nahrung an und werden dann oftmals nach der Ernte der Kulturpflanzen gemulcht und eingearbeitet. Somit bieten Blühstreifen nur in den Sommermonaten eine Nahrungsquelle für Insekten. Überwinternde Insekten wie zum Beispiel Raupen, Käfer und Wildbienen, um nur ein paar zu nennen, werden dann zerhäckselt. Sinnvoll und wichtig wäre es, die Blühstreifen über Winter stehen zu lassen, denn an den Pflanzen, auf dem Boden und an den hohlen Stängeln überwintern auch eine Vielzahl an Insekten. Das Nahrungsangebot ist außerdem durch die Pflanzenmischung begrenzt und die Blütenzusammenstellung auch nicht immer sinnvoll.
Bei mir als Biobauer findet im Getreide keine Unkrautbekämpfung statt, weder chemisch, da ich ja Bio-Bauer bin, noch mechanisch mit dem Striegel.
Im Jahr 2024 habe ich am Ackerwildkraut-Wettbewerb teilgenommen. Auf meinem Acker wurden 55 verschiedene Arten von Beikräutern gefunden, davon vier seltene, im Bestand bedrohte.
Bei mir gibt es schon ab Ende März blühende Pflanzen im Wintergetreide:












Für mich haben diese früh blühenden Pflanzen eine zweifache Aufgabe: Zum einem als Blühpflanzen für nahrungssuchende Insekten (z.B. Taubnesseln in zeitigem Frühjahr für Hummel-Königinnen) und zum anderen ist ihr Wurzelwachstum wichtig für den Boden und seine Lebewesen.
Die frühen Blühpflanzen sind Nahrung zum Beispiel für Florfliegen, sie parasitieren Schädlinge wie Blattläuse und Milben. Wenn die Florfliegen bereits im Frühjahr ein Nahrungsangebot vorfinden, können sie bereits früh eine Population aufbauen und dann das massenhafte Auftreten der Blattläuse im Sommer besser bekämpfen.
Wie bereits oben beschrieben sind vor allem im zeitigen Frühjahr die Taubnesseln sehr wichtig für die Hummelköniginnen. Anders als bei der Honigbiene, wo immer auch einige Arbeiterinnen den Winter überleben, sterben bei den Hummeln ausser der bereits begattenten Jungkönigin alle anderen Tiere im Herbst ab. Im zeitigen Frühjahr gehen die Königinnen auf die Suche nach einem Nistplatz, an dem sie ein neues Hummelvolk gründen können. Dazu werden Totholzhaufen, Steinspalten und Mauslöcher gründlich inspiziert, manchmal auch Vogelnester oder gar Hausisolierungen. Dabei zehren die Jungköniginnen zunächst noch von Nahrungsvorräten aus dem Vorjahr, den sie in ihrem Honigmagen eingelagert haben. Bald aber sind die Vorräte aufgebraucht und dann ist es wichtig, dass rechtzeitig und in ausreichendem Mass nektarspendende Blüten zur Verfügung stehen. Zur Entwicklung der Eierstöcke fressen die Königinnen aussserdem auch Blütenpollen. Die Hummelkönigin muss erst ein Nest anlegen und die jungen Arbeiterinnen versorgen, die ja neu geschlüpft erst versorgt werden müssen, so lange bis es genügend Arbeiterinnen gibt. Hummelköniginnen fliegen im zeitigen Frühjahr bereits ab 2oC und Hummelarbeiterinnen sind ab 6oC beobachtbar, da sie die zum fliegen notwendige Körpertemperatur durch Vibration der Brustmuskulatur erzeugen. Honigbienen fliegen erst ab einer Aussentemperatur von mindestens 8oC aus.
Diese kleinen, konkurrenzschwachen Frühblüher sehe ich nicht als Konkurrenten für mein Getreide, sie haben ihren Nährstoff- und Platzbedarf sehr früh, bevor das Getreide sein Hauptwachstum hat. Wenn das Getreide sein Hauptwachstum hat, haben diese Beikräuter bereits verblüht und sterben ab (= organische Biomasse = gut für Humusaufbau). Durch die Vielzahl an Beikräutern auf dem Acker, habe ich während der gesamten Vegetationszeit blühende Pflanzen auf meinem Acker.
Das Bodenleben steht im engen Austausch mit den Pflanzenwurzeln.
Das Bodenleben ernährt sich nicht nur von abgestorbener organischer Substanz, sondern auch von Wurzelausscheidungen, sogenannten Wurzelexudate. Durch diese frühblühenden Wildkräuter kann sich das Bodenleben bereits sehr früh ernähren und somit auch sehr früh vermehren, so dass zur Hauptwachstumszeit der Kulturpflanzen bereits ein reges Bodenleben zur Verfügung steht.
Das Beikraut hat aber auch eine bodenstabilisierende Aufgabe, zum Beispiel hat die Vogelmiere ein extrem grosses und feines Wurzelwerk, was den Boden vor Wind- und Wassererosion schützt. Wenn dann das Getreide sein Hauptwachstum hat, ist die Vogelmiere bereits abgestorben und behindert das Getreide nicht mehr.
Beim Getreide verwende ich auch gerne mal Untersaaten, wie Leindotter oder Weissklee, bei der Triticale oder beim Roggen verwende ich auch ein Luzerne-Klee-Gras als Untersaat, das bleibt dann bis zum nächsten Jahr als Ackerfutterbestand.
Bereits beim Mähdrusch blüht meistens der Weissklee schon. Somit haben einige Insekten bereits nach der Getreideernte wieder Nahrungspflanzen. Der Weissklee ist eine Leguminose, das heisst, dass er Stickstoff aus der Luft aufnehmen kann und mit Hilfe von Knöllchenbakterien im Boden speichern kann, der dann der nachfolgenden Kultur als Dünger zur Verfügung steht.
In meine Ackerfutterbestände säe ich immer eine Kräutermischung mit ein, die enthält unter anderem auch Spitzwegerich. Der Spitzwegerich hat eine tiefreichende Pfahlwurzel, dadurch übersteht er Trockenphasen besser. Der hohe Anteil an Mineralstoffen in den Kräuter kann das Futter der Wiederkäuer anreichern und es wurde bei Spitzwegerich nachgewiesen, dass seine Wurzelausscheidungen nach dem Umbruch die Auswaschung von Nitrat verringern.
Neueste Forschungen haben gezeigt, dass eine gewisse Beikrautflora einen positiven Einfluss auf einen Getreidebestand haben kann. Es erhöht sich dadurch nicht nur die Biodiversität, sondern auch die Qualität (z.B. höhere Proteingehalte) des Getreides. Welche Arten und in welcher Menge das genau sind, kann man aber zum jetztigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich denke, dass sich da in naher Zukunft noch viele interessante Vorteile ergeben werden.
Interessantes zu diesem Thema:
Bücherempfehlungen:
- Wolfgang Holzner, Johann Glauninger – Ackerunkräuter
- Dr. Heinrich Wagner – Die Lebensgemeinschaften der Pflanzen
- O. von Linstow – Bodenanzeigende Pflanzen
- Gerhard Grümmer – Die gegenseitige Beeinflussung höherer Pflanzen
Mit freundlicher Unterstützung durch:
- Dr. Stefan Meyer
- Valentina Breer – www.queenandco.de